Generation Maybe - die Signatur einer Epoche by Haffmans & Tolkemitt GmbH

Generation Maybe - die Signatur einer Epoche by Haffmans & Tolkemitt GmbH

Autor:Haffmans & Tolkemitt GmbH
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: Haffmans & Tolkemitt GmbH


DAS ENDE DER POPKULTUR

»Pop ist tot, denn böse Menschen kaufen keine Lieder, sie laden nur darnieder.«

— Die Türen

»Hi, suche Musiker für Bandgründung.

Musikrichtung recht offen.

Ich höre von fast allem ganz viel. Elektro. Akustisch.

Metal. Punk. Grunge. Rock. Alternative usw.«

— Kontaktanzeige bei eBay

Jede Zeit hat ihre Geister. Und jede kulturelle Epoche hat ihre eigene Jugendkultur.

Ende der Sechziger gab es die Hippies. Mit Blumen im Haar spielten sie Lieder auf der Gitarre und sehnten sich nach freier Liebe. Mit Peace-Zeichen bewaffnet stürmten sie ein Feld in Upstate New York und erfanden dort Woodstock, das berühmteste Musikfestival aller Zeiten. Dreieinhalb Tage lang schrieb die Jugend im August 1969 Geschichte, indem sie sich im Schlamm wälzte, in Gebüschen kopulierte und im Marihuana- und LSD-Rausch den Klängen von Richie Havens, John Sebastian und Jimi Hendrix lauschte. Alles ging drunter und drüber. Die Planung der Veranstaltung war unüberlegt, die Location wurde mehrmals verlegt. Das Festival fand weder im namensgebenden Woodstock statt noch in Walkill, wo es ursprünglich geplant war, sondern im siebzig Kilometer entfernten Bethel auf einer Farm des Bauern Max Yasgur. Aufgrund des großen Andrangs ließ man auch Besucher ohne Festivalticket auf das Gelände, Zäune und Absperrungen wurden niedergerissen. Statt der erwarteten 50 000 strömten beinahe eine halbe Million Menschen nach Bethel. Die rund fünfhundert Sanitäranlagen waren schnell überlaufen, und so verrichteten die Besucher ihre Notdurft einfach an Ort und Stelle. Ein bestialischer Gestank soll sich Zeugen zufolge über das Festivalgelände ausgebreitet haben.

Kurzum: In Woodstock regierten Chaos und Anarchie.

Während an der Ostküste die Hippies ihren Tagträumen nachhingen, trafen am anderen Ende des amerikanischen Kontinents, in Kalifornien, ein vierzehn Jahre alter Junge namens Steve und ein fünf Jahre älterer Typ zusammen, dessen Name auch Steve lautete. Gemeinsam verband sie ihre Begeisterung für Bob Dylan, die Beatles und Technik. Die beiden Jungen, Steve Jobs und Steve Wozniak, sollten wenige Jahre später Apple gründen, den Konzern, der heute darüber bestimmt, wie wir die Welt wahrnehmen, wie wir uns in der Welt zurechtfinden und was wir gut finden sollen. Apple und seine Produkte funktionieren nach dem Prinzip: Ordnung, Klarheit, Schönheit, Minimalismus und Effizienz. Also das genaue Gegenteil von Woodstock.

Beide Ideen, Apple und Woodstock, die im Sommer 1969 ihren Anfang nahmen, sollten sich durchsetzen, aber auf vollkommen unterschiedliche Weise. Während Woodstock das Musikfestival als gängige Praxis eingeführt hat und wir seither jeden Sommer auf irgendwelche Wiesen pilgern und den angesagtesten Acts zuhören, hat Apple die Welt und unser Denken verändert, wie es Woodstock wollte, aber nicht geschafft hat. Statt Woodstock haben wir heute Rock am Ring, die MTV Video Music Awards oder das iTunes-Festival, das alljährlich im Londoner Roundhouse stattfindet. Alles perfekt durchkalkulierte und inszenierte Popshows. Einfache Unterhaltung ohne doppelten Boden oder versteckte Message. Apple hingegen revolutionierte unsere Arbeitsweise, unsere Kommunikation und, wenn man will, sogar unser Sozialverhalten.

Die Popmusik feierte damals in Woodstock, wenn nicht ihre Geburtsstunde, dann zumindest ihre Bar Mitzwa. Pop wurde im Sommer 1969 erwachsen und ist heute zu einem Freizeitvergnügen zu Flatrate-Konditionen geworden. Auf Spotify, Simfy und anderen Streaming-Diensten haben wir beinahe den kompletten Musikkatalog der Menschheitsgeschichte in Sekundenschnelle zur Verfügung.



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